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Mittwoch, 15. September 2010

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg: Wenn der Kuchen spricht haben die Krümel Pause

Die Deutschen sind schon ein seltsames Volk: Eben noch auf dem Weg zu einer mehrheitlich freiheitlich und sozial eingestellten Gesellschaft genügt es völlig, dass ein Uniformierter, ein Dekorierter, ein Promovierter oder eben ein Adliger um die Ecke schaut und schon gefällt sich der deutsche Michel in der Rolle des speichelleckenden Obrigkeitsgläubigen und hat mit dem Sozialismus nichts mehr im Sinn. Ob Bismarck, Wilhelm II., Hitler, Krupp oder Springer: Das leidige Problem verfügt über Geschichte und gelangt mit Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg soeben in die nächste Runde.



Die Junker haben von jeher eines gemein: Es sind die Nichtstuer, die Nichtsversteher und die Nichtsnutze von Gottes Gnaden. Sie nutzen ihre ererbte Position, um sich in der Öffentlichkeit breit zu machen und können sich in Deutschland gewohnheitsgemäß auf eine ausgeprägte Zustimmung verlassen, die auf Demut vor dem Hochgeborenen basiert. Seit der Generation Guttenberg haben sie eines dazu gelernt: Modern muss sich der zeitgemäße Gutsherr geben. Da man den Hochadel eher in Bayreuth vermutet, kann man mit einem vollmundigen Bekenntnis zu ACDC und mit einem legeren Look einen zusätzlichen Überraschungseffekt verbuchen. "Der hohe Herr zeigt eine Affinität zum Volksvergnügen? Dann kann er wohl kein übler Kerl sein".

Die Beliebtheitswerte des Freiherrn befinden sich seit einigen Jahren in einem unerahnten Steigflug. Nur selten konnte sich ein Studienabbrecher, dessen eigenes Unternehmen im Jahre 2000 einen Umsatz von gerade einmal 25.000 Euro erwirtschaften konnte und der in seinem Leben bislang nicht wesentlich mehr geleistet hat, als sich pomadig und wichtig zu machen, im Glanze einer vergleichbaren Volksliebe sonnen wie das fränkische Bürschchen.

Die Kanzlerin hat das Potential von Guttenberg früh erkannt. In ihrer männermordenden Voraussicht lockt sie den Senkrechtstarter geschickt in das verloren geglaubte Verteidigungsministerium und musste enttäuscht feststellen, dass der Adlige einfach kein Kandidat für einen schnellen Rücktritt ist. Der laviert dort ungehemmt zwischen den Positionen herum, entlässt hier jemanden, befördert einen anderen und achtet darauf, in der Öffentlichkeit immer ein gutes Bild abzugeben. Die flatternde Strategie rechnet sich für den Minister. Von ultra-konservativ bis sozial-liberal fliegen ihm die Herzen zu und lassen Angela Merkel wie eine missgünstige Mutter wirken, die den Erfolg ihres Nachwuchses mit kritischen Blicken beäugt.

Schneidig ist der junge Mann, wortgewandt und vor allem nur selten auf konkrete Positionen festzulegen. Getreu dem Motto: "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen" zieht sich seine Präsenz mittlerweile wie ein roter Karrierefaden durch die Medienlandschaft und es gehört nicht allzu viel Fantasie dazu, ich auszumalen, wo der Freiherr gerne einmal sitzen möchte. 

Ein Blick auf seinen direkten und indirekten familiären Background ergibt mögliche Aufschlüsse über den Charakter, der hinter der Persönlichkeit steht, die so unauffällig deutlich auf den Kanzlerstuhl zukreiselt. Die Mamá des Kandidaten heiratete im Jahre 1985 einen Sohn des NSDAP Reichsministers des Auswärtigen, Joachim von Ribbentrop. Aus der Ahnenreihe der väterlichen Linie ist vor allem Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg zu nennen, der zwar im ferneren Zusammenhang mit dem Hitler Anschlag vom 20. Juli steht, seinerseits allerdings aus dem katholisch-monarchistischen Umfeld stammte und Mitglied des Gäa war, jener Organisation, die bis zur Auflösung im Jahre 1933 die rechte Propaganda in Süddeutschland finanzierte. Der Ahnenkreis schließt sich im Jahre 2000 konsequent, als Guttenberg Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen heiratet. Die Urenkelin von Otto von Bismarck stellt sich zur Zeit bereits auf ihre künftige Rolle als First Lady ein, engagiert sich gegen Kindesmissbrauch per Internet und bahnt sich vehement einen Weg in die Boulevard-Medien.

Von finanziellen Sorgen dürfte der Clan übrigens nicht geplagt sein. Das Vermögen der Familie von Bismarck wird auf rund 2,2 Milliarden Euro geschätzt. Otto von Bismarck hatte den Grundstein hierzu gelegt, als er sich im Jahre 1890 aus der Politik verabschiedete und dabei versehentlich 213.000 Mark aus der Staatsschatulle mitgehen ließ. Aushalten lassen muss sich unser Freund Karl Theodor allerdings nicht. Immerhin ist es ihm im Jahre 2002 gelungen, die Anteile seiner Familie an der Rhön-Klinikum AG für 260 Millionen Euro zu veräußern.

Wenden wir uns abschließend einem Beispiel für die Arbeitsweise des Ministers zu: Mit seinem Konzept zur Abschaffung der Wehrpflicht überrascht er auf den ersten Blick. Hätten wir uns in den 70er oder 80er Jahren ernsthaft vorstellen können, dass dieser Vorschlag aus den Reihen der CSU kommen würde? Sicherlich nicht. Den Jubel erntet er also abermals aus den Reihen derjenigen, die sich bereits hocherfreut über Guttenbergs Bekenntnis zu Hardrock und Heavy Metal gezeigt hatten. Schlägt sich der Verwandte von Ribbentrop und Bismarck damit auf die Seite der Antimilitaristen? Hier sei dem Leser ein herzliches Lachen gegönnt. Natürlich nicht. Guttenberg möchte zum einen den unmotivierten Gefreitenmüll aus der Armee halten und zum anderen mehr Mittel für eine professionelle Ausstattung der Bundeswehr freimachen. Die gute alte Bundeswehr wird damit endgültig vom gutmütigen Verteidigungshaufen zur elitären Angriffsarmee, auf die in naher Zukunft große Aufgaben warten.

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